Am 07.01. sind Andreas und ich nach Hohenschoenhausen gefahren, um in die dortige Gedenkstaette Hohenschoenhausen zu gehen. Es handelt sich dabei um ein ehemaliges Stasi Gefaengnis, welches nun der Erinnerung an die dort (und auch woanders) Inhaftierten der Stasi zur DDR-Zeit dient.
Der Tag war immer noch eisig kalt und dazu der Himmel dunkelgrau, wie man auf den Aussenfotos unschwer uebersehen kann :-)
Das gesamt Gelaende war zu DDR-Zeiten grossflaechig abgeriegelt und so geheim, dass es nicht mal auf Stadtplaenen eingezeichnet war. Im unmittelbaren Umfeld wohnten auch nur sehr Regierungsstreue Menschen, bzw nur Leute, die auch mit der Stasi beruflich zu tun hatten. So sollte vermieden werden, dass andere etwas ueber dieses Gelaende erfahren oder evtl auch drauf gucken koennten.
rechts und links, wenn man durch das Haupttor tritt, befinden sich die ehemaligen Garagen und KfZ-Werkstaetten. Die links vom Tor wurden fuer den Empfang umgebaut, hier kann man Tickets fuer die Fuehrung kaufen, man findet einen Buchladen mit Literatur zu diesem Thema und ein kleines Cafe. Das betreten des Gelaendes und die darauf befindliche Daueraustellung sind kostenlos, lediglich fuer die Besichtigung der Gebauede, was nur mit Fuehrung moeglich ist, bezahlt man pro Erwachsenem 6 Euro.
an den Waenden des Warteraums befinden sich diese holografischen Tafeln, deren lesbarer Text sich je nach Blickwinkel aendert.
In den ehemaligen Garagen rechts vom Tor befindet sich ein Versammlungsraum, in welchem man vor Beginn der Fuehrung einen 30minuetigen Film zur Geschichte der Anlage anschaut.
Wir waren ca 15 Leute, die dann herumgefuehrt wurden. Jeder Tourleiter hat uebrigens selbst in einem Stasi-Gefaengnis gesessen und erzaehlt somit auch aus persoenlichen Erfahrungen. Eine Dame aus unserer Gruppe fragte ihn irgendwann, ob er keine Rachegefuehle verspuere: seine Antwort war, dass es diese Anlage nun als Gedenkstaette gibt und er anderen Menschen zeigen kann, was hier vorging, ist seine Rache. Rechtlich koennen die damaligen Mitarbeiter der Behoerde uebrigens nicht belangt werden ... Das war Teil des Vertrages der Wiedervereinigung, ein Witz fuer all die Opfer.
Dieses Gebauede wurde "U-Boot" genannt, da sich die Gefaengniszellen im Keller befanden. Keine der Zellen besass zur damaligen Zeit Fenster bzw waren diese von innen verbarrikadiert. Es gab auch keine Heizungen in den Raeumen, ausser den Raeumen, die extra ueberheizt wurden. Sowohl das frieren als auch ueberhitzen sollte die Insassen zum reden und "gestehen" bringen.
Das war eine Originalzelle: eine breite Holzpritsche und ein Eimer, der als Toilette diente. Kein Waschbecken, keine Matrzten, keine Decken nichts. In den Zellen mit den breiten Pritschen wurden gleichzeitig mehrere Gefangene gesperrt, die sich die Pritsche dann teilen mussten.
Dieser Gang bzw Teile der Anlage wurden fuer den Dreh des Filmes *Bridge of Spies* mit Tom Hanks uebrigens genutzt. (https://de.wikipedia.org/wiki/Bridge_of_Spies_%E2%80%93_Der_Unterh%C3%A4ndler)
Biografien einiger Inhaftierter
Eine Einzelzelle. Das Bett war nur 1,60m lang, da die Zellen nicht tiefer waren. Die Inhaftierten hatten nur die Kleidung mit denen sie eingeliefert wurden. Wurde jemand also bei warmem Wetter verhaftet oder auch hierher verschleppt, und er sass im Winter immer noch hier drin, gab es fuer ihn keine andere Kleidung.
Verhoere wurden vorrangig Nachts durchgefuehrt, wobei dann tagsueber nicht geschlafen werden durfte. Das wurde teilweise so ueber mehrere Naechte und Tage durchgezogen, in der Hoffnung, dass der Inhaftierte voellig erschoept aufgab und alles unterschrieb (also gestand), was man ihm vorwarf.
Das ist der Gefaengnis-Neubau, der von Inhaftierten selbst erbaut wurde
in dem Raum, hinter dem vergitterten Auslass, befindet sich eine Gummizelle
Tuer einer Zelle
mit solchen Lieferfahrzzeugen wurden die Verhafteten hierher gebracht. Von aussen nicht als Gefaengnistransporter erkennbar, innen aber hatte er 5 winzige Zellen. So wusste nie einer, wer noch verhaftet wurde.
hier mussten sich Verhaftete ausziehen und wurden dann durchsucht
hier bekamen sie dann die Gefaengnissachen (Trainigsanzug, Schlafanzug, Hausschuhe, Matratze etc)
Zelle von innen
Tagsueber durften keine Buecher gelesen werden etc. Man durfte lediglich stehen oder auf dem Hocker sitzen. Beim sitzen durfte man sich nicht anlehnen, man durfte nicht die Augen geschlossen haben und man durfte nicht auf dem Bett sitzen oder liegen. Beim schlafen durfte man nur in einer bestimmten Position liegen, ansonsten wurde man geweckt.
Hier waren wir in dem Raum, in dem alle Haeftlinge fotografiert wurden. Manchmal mussten die Menschen hier stundenlang sitzen. Spaeter stellte sich raus, dass in einigen dieser Raeume Strahler etc manipuliert wurden, die auf Kopfhoehe waren. Es kam unter Gefangenen als Spaetschaeden oft zu Krebs, der toedlich endete.
Das war ein Raum, in dem ein Richter sass, hinter dem Gitter der Gefangene. So wurden Urteile gesprochen ...
ein typischer Verhoerraum
und eine Zelle fuer den "Ausgang", also wenn Gefangene an die frische Luft durften.
Es wurde peinlichst genau drauf geachtet, dass nie ein Gefangener einen anderen zu Gesicht bekam oder man durch die Zellenwaende kommunizierte.
Das Gefaengniskrankenhaus
im Hintergrund ein typisches DDR-Verwaltungsgebaeude
wie bereits erwaehnt, gibt es auf dem Gelaende eine kostenlose Dauerausstellung, die wir uns dann natuerlich auch angeschaut haben
Draufsicht auf die Anlage als Plan
Biografien verschiedener Haeftlinge zum anhoeren
Die Moebelstuecke einer Zelle im U-Boot
Honeckers Portrait durfte natuerlich nicht fehlen
die Pionierkleidung hatte ich auch an :-) (Jungpionier, da blaues Halstuch, Thaelmann-Pionier war mit rotem Halstuch)
Zellentueren aus verschiedenen Gefaengnissen
man liest auch immer wieder Einzelschicksale. Nahe ging mir das einer Mutter, die ein Kind kurz vor der Teilung der Stadt bekam. Da das Kind krank war, kam es im Westteil Berlins ins Krankenhaus. Anfangs konnten die Eltern es noch besuchen, dann wurde die Mauer dicht gemacht und somit kamen die Eltern nicht mehr zu dem Krankenhaus. Die Mutter hatte dann verucht zu fliehen, und wurde gefasst und dann hier inhaftiert. Als sie das Gefaengnis verlassen konnte und bis das Kind dann wieder in den Ostteil gebracht wurde, war das Kind schon 5 Jahre alt :-(
Eine sehr, sehr bewegende Fuehrung und Ausstellung und hochgradig empfehlenswert!
Am Abend trafen wir uns dann noch mit Sandra, Jeanette und Mann (nicht mit auf dem Foto) und Anja. Sie alle kenne ich durch das gleiche Internetforum wie auch Katharina (Hamburg), Claudia (Mainz), Janet (Eisenach) und Marit (Leipzig), mit denen wir uns auch getroffen hatten in diesem Urlaub. Wir hatten einen sehr unterhaltsamen Abend und hatten viel Spass und nochmehr zu erzaehlen. Live ist ja doch anders, als sich nur zu schreiben. Wir alle hatten uns seit Jahren ja nun auch nicht mehr in person getroffen.
Ueberraschend war dann nur, dass wir beim bezahlen keine Karte nutzen konnten (nerv), und das in einem Restaurant. Da wir einige Stunden da sassen, waren wir auch locker ueber die 10 Euro drueber, die ja bei vielen als Mindestumsatz gilt. So mussten wir unser letztes Bargeld zusammenkratzen und aufgrund mangelnden Services blieben wir dann auch Trinkgeld schuldig. Wir wurden von den Kellnern quasi ignoriert, mussten staendig wieder dran erinnern, dass wir was bestellt hatten etc.
Danke Euch, dass Ihr die Zeit gefunden habt!!! Und Anja nochmal lieben Dank dafuer (alles selbst hergestellt, der Honig kommt aus der Schule, in der Anja arbeitet)
Ui.... spannende Führung und da kann es einem nur eiskalt über den Rücken laufen. Bin ich froh das meine Großeltern damals geflüchtet sind ;-) Kenne da auch sehr viele Geschichten!
ReplyDeleteIhr habt ja wirklich sehr viel angeschaut......jede Minuten ausgenutzt.
Liebe Grüße
Claudia
wobei ich sagen muss, dass es sich dennoch gut gelebt hat in der DDR, selbst man weder aktiv in der Partei oder sonst extrem "linientreu" war. Die guten Seiten werden natuerlich nicht in Reportagen etc dargestellt, waere ja langweilig. Ich denke kein Land nimmt sich bei solchen Dingen aus, auch nicht die Bundesrepublik selbst. Es gibt ueberall Schattenseiten. Und fuer Kinder war das Land ein Traum, gerade in Bezug auf Betreuung und Freizeitaktivitaeten.
DeleteHallo Yvonne,
ReplyDeleteda habt ihr ja ganz schön viel unternommen während eures
Besuchs in Deutschland. Wir waren vor Jahren auch mal in
Hohenschönhausen, aber eine so informative Ausstellung gab
es damals noch nicht.Lohnt sich sicher mal wieder nach
Berlin zu fahren.
Liebe Grüße
Gabi (gabi.bk@t-online.de)
danke fuer Deinen Kommentar, Gabi! Berlin lohnt sich immer, ich staune selbst, wieviel sich veraendert. :-)
DeleteDieses Reiseprogramm schaffen manche in ihrem ganzen Leben nicht. Ich denke, dass euer Sohn bei dieser Reise sehr viel an Bildung mitbekommen hat, und wohl auch Lebensschulung.
ReplyDeleteSehr spannend die Berichte, danke für die Gelegenheit mit zu lesen.
Grüsse aus der Schweiz C.
Liebe(r) C,
Deletedanke fuer Deinen Kommentar. Ja, Kind hat eine Menge erlebt. Ich denke, so in 2 oder 3 Jahren werden wir aber eine richtige Deutschlandrundreise machen und dann hoffentlich viel, viel mehr geschichtstraechtige Orte besuchen. Wir haben auch extra nochmal Buecher mitgenommen, die noch etwas mehr Vorbildung zu diesem Thema bringen sollen.
Liebe Gruesse in die Schweiz!